Waging am See – Bis auf das kräftige Vogelgezwitscher herrscht am Marktsonntag kurz nach 6 Uhr noch andächtige Stille in Waging.
In der Ortsmitte stehen zwar bereits etliche Fieranten-Autos herum, auch einige Hütten sind schon aufgebaut, aber zu sehen ist noch kaum jemand – sieht man von ein paar übrig gebliebenen Nachtschwärmern ab, die in Bierlaune durch die Straßen wanken.
An der Mariensäule jedoch stehen bereits die beiden Frauen, ohne die der Markt im vergangenen Jahrzehnt kaum mehr denkbar gewesen war: Lydia Wembacher und Karin Wiedemann, die Noch-Vorsitzenden des Gewerbevereins »Waging bewegt«, diesmal noch mit männlicher Unterstützung. Bernhard Mühlbacher machte sich aus Solidarität ebenfalls zu dieser frühen Stunde auf, um die Frauen zu begleiten. Das Trio ist Anlaufstelle für viele Fieranten, die meist ab halb, dreiviertel Sieben allmählich anrücken.
Geschätzt gut 80 Prozent der Waginger Marktstandler sind Wiederholungstäter, kommen schon seit vielen Jahren zu den Märkten und wissen genau, wo ihre Plätze sind. Zumal die von den Organisatorinnen mit Klebebändern am Trottoir genau gekennzeichnet sind. Die freundlichen Begrüßungen, die bei der Ankunft ausgetauscht werden, zeigen, dass die Marktleute die Organisatorinnen bestens kennen.
Fieranten meist aus Region
Absolute Frühaufsteher sind die Betreiber eines großen Spielzeugstands, die aus Burgkirchen angereist sind. Sie waren schon vor 6 Uhr da – verständlich angesichts ihres großen Artikelbestands. Sie gehören, wie etwa 50 Prozent der gut 50 Fieranten – zu denen, die aus der Region kommen. Die andere Hälfte kommt vorwiegend aus Niederbayern, aber auch aus dem angrenzenden Österreich, sogar aus dem Allgäu und Südtirol.
Um 7 Uhr wird der Auftrieb der Fieranten immer lebhafter. Da kommt zum Beispiel das gewiss zehn Meter lange Mobil der Fischerei Kneidl, dessen Fahrer zentimetergenau zu rangieren weiß. Die umfangreichen Stände mit den türkischen Spezialitäten oder auch der Sockenhändler werden aufgebaut. Ein Händler für Trachtenmode breitet seine Prachtstücke gar auf zwölf Meter Länge aus. Allenthalben mühen sich die Menschen mit den Stangenkonstruktionen der Pavillons ab. Wenn man sieht, wie viel Mühe sich viele der Fieranten geben, ihre Stände gefällig herzurichten, wie liebevoll sie ihre Artikel anordnen – dann weiß man, wie viel Arbeit und Herzblut dahinter stecken.
Und in den Gesprächen mit den Organisatorinnen kriegt man so manches Detail mit, was diese Menschen bewegt, für die sicherlich das Attribut »besonderes Völkchen« nicht unangebracht ist. Der eine kommt und erzählt, dass auf der Liste jetzt der Name geändert werden muss, weil geheiratet worden ist. Ein weiterer berichtet, dass es ihm gar nicht gut geht, weil er auf einem Fest am Abend zuvor etwas zu viel getrunken habe. Ein Dritter würde gern einen anderen Platz haben, lässt sich dann aber von Karin Wiedemann doch davon überzeugen, dass der vorgesehene Platz eigentlich der bessere ist. Es ist ein fröhliches Miteinander, ein erfreutes Wiedersehen, eine gute Gemeinschaft, die sich da im Laufe vieler Jahre entwickelt hat.
»Darum machen wir das«
Die Fieranten kommen ganz offenbar wirklich gern nach Waging. Da gibt es dann sogar die eine oder andere freundliche Umarmung, was Lydia Wembacher mit den Worten kommentiert: »Darum machen wir das.« Und darum sind sie und Karin Wiedemann schon am Planen, den früheren Peter-und-Paul-Markt als vierten Fierantenmarkt wieder aufleben zu lassen. Da sich jetzt Bewerber für ihre Nachfolge in der Leitung des Vereins »Waging bewegt« gefunden haben, die am morgigen Dienstag wohl gewählt werden, gilt es als ausgemacht, dass die Zwei in einer Projektgruppe auch weiterhin die Märkte betreuen werden.
Manche Autofahrer sind in den engen Gassen zwischen den Ständen relativ flott unterwegs, was mitunter zu gefährlichen Situationen führt. Sicherheit wird insgesamt groß geschrieben. So wird bei verschiedenen Rundgängen durch das Marktgeschehen der eine oder andere aufgefordert, mit seinem Stand oder auch seinen Werbeschildern etwas zurückzurutschen. Denn Feuerwehrkommandant Helmut Huber führt ein strenges Regiment und moniert mit Nachdruck, wenn jemand die Durchfahrt blockiert; schließlich muss für Notfälle immer eine Passage auf den Straßen frei bleiben. Und auch die Geschäftsinhaber, die verständlicherweise nicht völlig hinter Marktständen versteckt sein wollen, verständigen sich im Großen und Ganzen mit den jeweiligen Fieranten in Ruhe und Frieden, wenn sich diese am falschen Ort etwas zu breit machen.
So hört man in schöner Regelmäßigkeit bei kurzen Nachfragen das Fazit »Perfekt!« oder »Stimmt alles!«. Und als das Organisationstrio vom Sonntag gegen halb Neun den letzten Kontrollrundgang absolviert hat, stellt Karin Wiedemann zufrieden und mit dem in vielen Jahren erworbenen Selbstbewusstsein fest: »Nirgends ist es so schön wie bei uns.« he
Quelle: Traunsteiner Tagblatt